1.3 Methode, Methodik und Methologie

1.3.1 Etymologische Betrachtung des Begriffs „Methode“(7)

Methode:
„Untersuchungs-, Forschungsverfahren; planmäßiges Vorgehen“ Das in dieser Form seit dem 17. Jahrhundert. bezeugte Fremdwort beruht – unter Einfluß von frz. méthode – auf einer gelehrten Entlehnung aus spätlat. methodus, das seinerseits aus dem griech. méthodos: „Weg oder Gang einer Untersuchung, nach festen Regeln oder Grundsätzen geordnetes Verfahren“ übernommen ist. 
Das griech. Wort bedeutet wörtlich etwa „das Nachgehen, der Weg zu etwas hin“. Es ist eine Bildung aus griech. metá : „hinterher, nach usw.“ und griech. hodos: „Weg; Gang“.

Duden 7, Das  Herkunftswörterbuch(8)

Eine Methode (griechisch μέθοδος, méthodos (meta hodos) „das Nachgehen, Verfolgen, die Verweglichung, Wegebnung“ bedeutet:

  • allgemein eine geistige Grundlage für planmäßiges, folgerichtiges Verfahren,
 Vorgehen, Forschen, Handeln, (…)
  • eine Methode als Art und Weise der Durchführung, (…)
  • in den Wissenschaften eine Vorgehensweise, um neue Erkenntnisse zu erlangen, 
 siehe Wissenschaft
  • in der Informatik innerhalb der objektorientierten Programmierung eine definierte 
 Aktion eines Objekts
  • in der Softwaretechnik eine Vorgehensweise bei der Erstellung von Software, 
 siehe (Methode Softwaretechnik)
    Wikipedia, die freie Enzyklopädie(9)

methodisch
„planmäßig vorgehend, durchdacht, schrittweise“ (18. Jh.; nach gleichbed. spätlat. methodicus < griech. methodikós).
Duden 7, Das  Herkunftswörterbuch

 

1.3.2 Geschichtliche Betrachtung des Begriffs “Methode”

Taucht man nun etwas tiefer in die Begrifflichkeit ein, dann zeigt sich, daß der Begriff der „Methode“ besonders in der Philosophie seit der Antike bis in die Neuzeit immer wieder diskutiert, unterschiedlich aufgefaßt und weiterentwickelt wurde.

Antike
Die dialektische Methode nach Platon besteht einerseits in der Zurückführung der Vielheit gleichnamiger Erscheinungen aus dem Bereich der Erfahrung (sinnlich wahrnehmbarer Körper und Seelisches) auf die Eindringlichkeit der Idee (Synagoge), andererseits in der begrifflichen Einteilung der allgemeinsten Idee und obersten Gattungsbegriffe in ihre Arten und Unterarten (Dihairesis, Dichotomie).
(Platon)(10)

Bei Aristoteles zeigt sich zugleich, daß „Methode“ als geregeltes, auf Einsicht beruhendes und lernbares Verfahren mit der Vornahme zur Kunst allgemein in ihrer Bestimmung als Praxis gehört, die auf ein Gutes gerichtet ist. Auch bei Aristoteles kann „Methode“ zunächst die Art und Weise einer Untersuchung bedeuten, wobei er besonderes Gewicht darauf legt, daß bei verschiedenen Sachgebieten und den sie erforschenden Disziplinen immer die jeweils angemessenen Methoden und der angemessene Grad der Genauigkeit zu befolgen sei.
(Aristoteles, Nikomachische Ethik)(11)

Archimedes gilt mit seinem Ausruf „Heureka“ als Vater der Heuristik. Diese Methode stellt das Gegenstück zur logischen Problemlösung dar, da unter anderem bei der Lösungsfindung mit Analogie und Hypothesen gearbeitet wird (vgl. Bürdek, 2005)(12).

Mittelalter
Johannes von Salisbury betrachtet die Methode als ein griechisches Wort, das dem lateinischem ‹ars› entspricht. Die Methode ist ein „kurzer Abriß“ (ratio compendaria, ratio compendii), der Zeit und Mühe erspart beim Erlernen und Ausüben der Logik und der Philosophie. Gleichbedeutend mit Methode sei ‹Zugang› (adviatio, aditus)
(Johannes von Salisbury, Metalogicon)(13)

Renaissance und Humanismus
Der Theologe Philipp Melanchton versteht die Methode als „compendium“, um nutzlose Fragen zu beseitigen und Dinge mit größtmöglicher Leichtigkeit zu erklären. In seinen ‹Loci Communes Theologici› lehrt er, daß es einen großen Vorteil bedeutet, Regeln und Verfahren zu haben, die in einer Methode zusammengeschlossen sind.
(Phillipp Melanchton, Corpus Reformatorum)(14)

Nach S. Chiaramonti ist die Methode ein „Weg, dem menschlichen Verstand Erkenntnis ohne Irrtum zu bringen …“
(S. Chiaramonti, De methodo ad doctrinam spectante)(15)

Neuzeit (17. – 18. Jh.)
Descartes konzipiert eine allgemeine Erkenntnis-Methode und bestimmt die ‹sapientia humana› als System und Inbegriff der mittels dieser zu gewinnenden Einsicht. Umfassende Zweckbestimmung wissenschaftlicher Methodik ist es, in sicherer Deduktion alle methodisch herleitbaren Aussagen zu gewinnen.

Seiner Meinung nach kann die Methode nur als ‹methodus completa› ihrer Zielsetzung gerecht werden, wenn folgende Teilregeln berücksichtigt werden:

  • niemals eine Sache als wahr anzuerkennen, von der ich nicht evidentermaßen erkenne, daß sie wahr ist: d.h. Übereilung und Vorurteile sorgfältig vermeiden und über nichts zu urteilen, was sich meinem Denken nicht so klar und deutlich darstellte, daß ich keinen Anlaß hätte, daran zu zweifeln
  • jedes Problem, das ich untersuchen würde, in so viele Teile zu teilen, wie es angeht und wie es nötig ist, um es leichter zu lösen
  • in der gehörigen Ordnung zu denken, d.h. mit den einfachsten und am leichtesten zu durchschauenden Dingen beginnen, um so nach und nach, gleichsam über Stufen, bis zur Erkenntnis der Zusammengesetzesten aufzusteigen, ja selbst in Dinge Ordnung zu bringen, die natürlicherweise nicht aufeinander folgen
  • überall so vollständige Aufzählungen und so allgemeine Übersichten aufzustellen, daß ich versichert wäre, nichts zu vergessen

(Rene Descartes, Regulae)(16)

Thomas Hobbes charakterisiert die Methode als den „kürzesten Weg, Wirkungen aus ihren bekannten Ursachen oder Ursachen aus ihren bekannten Wirkungen zu finden“
(Thomas Hobbes, De corpore, 1655)(17)

Das 19. Jahrhundert
Johann Gustav Droysen (1808–1884) beschreibt das Wesen der geisteswissenschaftlichen Methode als Erkennen, Erklären und Verstehen. Auf ihn werden auch die drei wissen-schaftstheoretischen Grundfragen der Geisteswissenschaften – Gegenstand, Mittel, Ziele – zurückgeführt.
(vgl. B.Bürdek, 2005)(18)

Immanuel Kant (1724–1804) versteht unter einer methodisch aufgebauten Erkenntnis eine „nach überlegten Regeln abgefaßte Erkenntnis“ bzw. ein „Verfahren nach den Prinzipien der Vernunft“
(Immanuel Kant, Logik)(19)

Georg Wilhelm Friedrich Hegel begreift die Methode als Bemühen, aus anfänglichen Verständnissen vernünftige Verständnisse zu gewinnen.
(Georg Wilhelm Hegel)(20)

Das 20. Jahrhundert
K. R. Popper (1902–1994) bestreitet, daß es einer wissenschaftlichen Methode bisher gelungen ist oder überhaupt gelingen könnte, eine ein für allemal wahre Theorie aufzustellen. Eine kritisch verstandene wissenschaftliche Methode sei daher eine „Methode des Versuchs und der Elimination von Irrtümern, des Vorschlags von Theorien, welche dann der strengsten ausdenkbaren Prüfung zu unterwerfen sind“
(K.R. Popper, Objective knowledge, 1974)(21)

„Im Sinne dieser Überprüfbarkeit führt Popper ein Falsifizierbarkeits-Kriterium für Hypothesen an. Hypothesen die eine Existenzaussage darstellen und somit nicht falsifizierbar sind, stellen eine unbrauchbare empirische Leerformel dar.“
(Bernd Jahnke)(22)

 

1.3.3 Methodik

Die Methodik (griechisches Adjektiv μεθοδική… – die methodische…) ist eine Gesamtheit von Methoden, als Teildisziplin einer Fachwissenschaft auch die Lehre von den in dieser Wissenschaft angewandten Methoden. „Methodik“ ist zu unterscheiden von „Methodologie“, der theoretischen Reflexion über Methoden eines Fachgebiets. In den wichtigsten Fremdsprachen ist diese Unterscheidung jedoch nicht möglich, was Verwechslungen und Verwischungen der Begriffe auch im Deutschen zur Folge hat.
Wikipedia, die freie Enzyklopädie(23)

 

1.3.4 Methodologie

Methodologie oder auch Methodenlehre ist die formale Aussage, wie wissenschaftliches Arbeiten ablaufen soll, und welche Methoden bei welcher wissenschaftlichen Disziplin anwendbar sind.

Die Methodologie (griechisch μεθοδολογία – die Methodenlehre) ist die Lehre von den Methoden, den wissenschaftlichen Verfahren. Als solche ist Methodologie Metawissenschaft und somit Teildisziplin der Wissenschaftstheorie. Demgegenüber meint „Methodik“ das Methodenwissen des Praktikers oder des Pädagogen.

Im Englischen und Französischen ist die Unterscheidung von „Methodologie“ und „Methodik“ jedoch unbekannt. Der Einfluß namentlich des Amerikanischen trägt bedeutend  zu einem unpräzisen Sprachgebrauch auch im Deutschen bei: Unter „Methodologie“ wird hier auch eine Sammlung von Methoden verstanden, ein Methodenbündel. „Methodologie“ wird deshalb oft fälschlicherweise für „Methodik“ gebraucht („Die vorliegende Studie bedient sich folgender Methodologie: …“) – ähnlich wie bei zahlreichen Verwendungen des Begriffs  „Technologie“ mit dem man eine Technik bezeichnet.
vgl. Wikipedia, die freie Enzyklopädie(24)